Der Narrenvereinspräsident Bernd Weinheber wendet sich mit einem Rundschreiben an alle Grundele wie auch an die übrige Bevölkerung der Insel mit der Bitte, über die Fasnachtszeit ihre Fenster, Häuser und Vorplätze fasnächtlich zu schmücken. Sein Motto:
„Mögen bunte Bändel wehen – bis wir uns mal wiedersehen!“
Kaum wird dieser Leitspruch vernommen, kommt es in den nächsten Tagen bei nicht wenigen Familien zu einer fast närrischen Betriebsamkeit, nicht einer, der den Präsidenten in dieser Zeit nicht unterstützen möchte. So fehlen bei den Schöpples über Nacht die hässlichen Vorhänge in der Ferienwohnung. Großvater Böhler schenkt seiner Enkelin die furchtbar geschmacklose Kittelschürze seiner Frau, die er noch nie leiden konnte. Und Bastian Löhle wird seine langen, kratzigen Unterhosen auch nicht vermissen. Dies alles wird sich baldmöglichst hervorragend für die Herstellung von Narrenbändeln eignen.
Einige Frauen haben sich zu sogenannten „ribbon women“, also Bändel-Frauen, zusammengeschlossen. Da sie sich nicht treffen dürfen, stellen sie sich im Tausch Wäschekörbe vor die Haustüre, die entweder mit Stoffen oder schon fertigen Narrenbändeln, festgenäht an einer Schnur, gefüllt sind. So näht auch die Frau vom Schuster Eugen eifrig Narrenbändel. Sie stammt ursprünglich aus Thailand, findet aber die Fasnacht auf der Reichenau viel lustiger als ihr Mann.
Des Öfteren sieht man jetzt Männer auf einer Leiter stehen, die Löcher in ihre Hausfassade bohren, Dübel setzen und in diese Ringschrauben drehen. Allein in der Oberen Rheinstraße, so hört man, ist nicht ein Hausbesitzer zu finden, der nicht wenigstens 6 Ringschrauben zum Befestigen der Narrenbändel gesetzt hat. Und nicht genug. Ein Malermeister, der in dieser Straße wohnt, will pünktlich bis zum Schmutzigen Donnerstag Konterfeis von Narrenräten auf seinen Hauswänden als Lüftlmalerei verewigen. Wer das möchte, soll sich bitte mit dem Künstler in Verbindung setzen.
Und ab heute gibt’s noch in verschiedenen Geschäften die angekündigten „funny humor packages“, also die „Seidochemolluschtigdehompäckle“.
Oh, ihr reichenauer Närrinnen und Narren, schaut doch, wie der Narrensamen gesät wird, wie die Narrenbäume gesetzt werden, und wie die Früchte des Humors vollgereift in den Gärten der Narren auf die Ernte warten. Ist das nicht schön?

Anmerkung: Muss man wirklich so übertreiben?

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