Autor: Dieter Beck (Seite 1 von 6)

Mein Wendolin

Der Wendolin, das ist ein Tier

aus Pappendeckel und Papier.

Die Sonne findet er entsetzlich,

der Regen macht ihn sehr verletzlich.

So kann es sein, dass er im Garten

kein langes Leben darf erwarten.

Der Lack ist ab, dann wird er faul,

da nützt ihm auch kein großes Maul.

Der Glanz vergeht trotz Farb‘ und Kleister,

stellt traurig fest ein Malermeister.

Ist mir doch wurscht

Da lese ich gerade, dass die Sängerin Lena Meyer-Landrut keinen Käse mag, in dem Spuren von Wurst enthalten sind. Das kann ich nachempfinden. Ich zum Beispiel mag keine Wurst, der Käse beigemischt wurde.
Es ist schön, wenn Leute, die wir aus Film und Fernsehen kennen, von ihren Lieblingsspeisen berichten. Denn der Mensch ist, was er isst.
Ich könnte mir vorstellen, dass ich mein Frühstück in ungewohnt guter Laune einnehmen würde, wenn ich wüsste, dass Barbara Schöneberger just in diesem Moment die gleiche Himbeerkonfitüre auf ihr Brötchen streicht. Diese Verbundenheit würde sicher ein enormes Glücksgefühl in mir auslösen, das lange anhält. Aber ich weiß ja nicht, was Frau Schöneberger zu sich nimmt. Auf jeden Fall scheint sie immer fröhlich zu sein. Gerne würde ich einmal mit ihr frühstücken.
Auch den Humor von Harald Schmidt verbinde ich mit einer besonderen Ernährungsweise. Im Schwäbischen aufgewachsen ist der Humor, vorwiegend um die raue Alb, doch sehr verhalten. Und der Verzehr von Maultaschen macht sicher noch keinen Humoristen. Selbst bei einem ermüdenden Interview habe ich den Harald Schmidt noch nie missmutig gesehen.
Das gesunde und immer frische Aussehen von Jörg Pilawa hat sicher etwas mit dem Verzehr von dieser Pommerschen Leberwurst zu tun, von der er mehrere Jahre geschwärmt hat. Meine Dorothee meint, eventuell reduziere diese Mühlenleberwurst auch seine Falten.
Die Lockenpracht von Thomas Gottschalk bringe ich immer wieder in Verbindung mit einer gehörigen Portion Müsli, das er in einer lauwarmen Milch von Allgäuer Bergkühen aufgeweicht hat. Aber beweisen kann ich es nicht. Mich wundert’s nur, dass er diese besondere Mischung nicht seinem Freund Mike Krüger verraten hat, dessen Haarpracht eben schon lange nicht mehr prächtig ist.
Für viele mag die Werbung im Fernsehen eine äußerst lästige Unterbrechung sein. Ich finde es lobenswert, dass Künstler wie Theaterleute, Filmschaffende und Humoristen aller Art neben ihrem anstrengenden Arbeitstag auch noch Zeit finden, mich auf gute und preiswerte Lebensmittel aufmerksam zu machen. Dies erleichtert mir das Einkaufen ungemein. Und ich kann sicher sein, nicht nur die richtige Hochzeitsnudel, sondern auch einen außergewöhnlich würzigen Bergbauernkäse erworben zu haben.
Wir wissen eben viel zu wenig von den Menschen, die wir durch die öffentlichen Medien liebgewonnen haben und die uns am Herzen liegen. Sind wir also dankbar, wenn uns engagierte Menschen wie die Sängerin Lena Meyer-Landrut darauf aufmerksam machen, dass es ihnen nicht wurscht ist, welchen Käse wir zu uns nehmen.

Vaters Tag

Es muss hier einmal gesagt werden. Der ganz normale, bodenständige Mann bedarf keiner großen Ehrungen. Dass man ihm jedoch als Vater einen Ehrentag eingerichtet hat, nimmt er mit Freuden zur Kenntnis und verabredet sich mit anderen Vätern, um mit ihnen an diesem Tag zu feiern. Wenn ein Familienvater für ein paar Stunden auch noch auf Gleichgesinnte trifft, wo er sich verstanden fühlt, dann ist es allein schon ein besonderer Tag. Dann darf er ohne Bedenken noch ein Bier aus dem Kasten nehmen, um mit diesen Vätern anzustoßen.
Bei einer Umfrage erklärten 32 Prozent der Väter, sie wären gerne Mutter geworden, hätten aber mit großem Bedauern einsehen müssen, für diesen Wunsch nicht die biologischen Voraussetzungen mitzubringen. Unabhängig von dieser Umfrage waren nahezu zwei Drittel aller Männer auch der Überzeugung, eine Schwangerschaft sollte nicht nur den Frauen vorbehalten sein. So hoffen sie immer noch, dieses große Fehlverhalten der Evolution könne eines Tages korrigiert werden.
Viele Männer bejahen jedoch ihre Vaterschaft, stellen aber immer wieder mit großer Verwunderung fest, dass ihre Methoden, die Erziehung betreffend, in keiner Weise mit den Vorstellungen ihrer Kinder in Einklang zu bringen sind. Nur kurzfristig mag es tröstlich sein, im Bekanntenkreis zu erleben, dass ein Mann, der in seinem bisherigen Leben gut zurechtkam, als Vater aber jetzt nicht mehr wiederzuerkennen ist. Obwohl er versichert, sich schon während der Schwangerschaft ernsthaft auf die Rolle als Vater vorbereitet zu haben, sieht man im Verhalten seiner Kinder doch Mängel, die dann vermutlich auf fehlerhafte Erziehungsmaßnahmen zurückzuführen sind.
In ihrem Bestseller „Der verkannte Mann“ schreibt die anerkannte Psychologin Camilla von Quittenstein: „Haben Sie als Mann und Vater immer wieder dieses Bild vor Augen, wie es damals war. Diese enorme Lust und unbändige Freude, dieses Begehren und das aufrechte Bemühen, das zu ihrer Vaterschaft führte. Glauben Sie mir, mit dieser Freude und Ausdauer werden sie auch die Erziehung ihrer Kinder gut meistern.“
Mögen alle Väter heute einen gelungenen Feiertag erleben.

Reim oder nicht Reim

Hab ich beim ersten Sonnenstrahl
nicht morgens schon die Qual der Wahl,
welch Brot ich ess – welch Konfitüre,
nehm Kaffee heut ich – oder Tee,
ob ich wohl Milch und Zucker in sie rühre?
Und wer sagt mir vom neuen Tag –
schon morgens – was er bringen mag?
„Oh Papa, wir wissen ja, dass du ein begnadeter Schauspieler bist,
aber kannst du nicht einmal ohne großes Theater mit uns frühstücken?“

Wonnemonat, jetzt!

Nun ist er also da, der Mai. Der Wonnemonat! Wie viele Hoffnungen und Wünsche liegen in diesem Monat. Junge Verliebte hoffen, dass er ihnen langanhaltendes Glück bringe, wenn sie im Mai heiraten. Andere begeben sich jetzt auf die Suche nach einem Menschen, der mit ihnen die Wonnen der ersten gemeinsamen Liebe teilen möchte.
Der Paul sagt, sein Schulkamerad Hans habe auch in einem Mai geheiratet. Aber die Verbindung, also die Ehe mit der Grete, hätte nicht lange gehalten. Nur dreieinhalb Jahre. Aber, sagt der Paul, da solle man dem Mai nun nicht die ganze Schuld geben. Er meint, es liege sicher auch an der Grete, die sich mit der Liebe und den zugehörigen Wonnen nicht so gut auskenne. Und am Hans läge es auch, der sich auf die Verheißungen des Wonnemonats zu sehr verlassen habe.
Wie dem auch sei. Dieses Jahr fängt der Mai mit einem Regentag an. Es schüttet, dazu weht ein eisiger Wind, und die Sonne wird sich vermutlich nicht sehen lassen. Allemal ein Sinnbild auch für alle Verliebten, dass die Liebe, mag sie im Mai noch so groß erscheinen, sich an manchen Tagen bedeckt hält.
Nun ist er also da, der Monat der Wonnen. Und allen wäre zu wünschen, dass sie erfüllt und gewärmt werden von einer jungen Liebe gleichermaßen wie vom Gewohnten einer langanhaltenden Ehe.
Ob es eine Bedeutung hat, dass auch die Eisheiligen in diesem Monat verehrt werden? Wer weiß das schon?
Aber es darf hier auch einmal erwähnt werden.

Wann ist ein Narr ein Narr?

Oh, Narren, ihr seid so verletzlich
Und doch bei uns so unersetzlich
Narren nehmen dich oft in den Arm
Narren geben auch im Winter warm
Narren sind so furchtbar klug
Narren sind im Fanfarenzug
Spielen in der Psycho-Band
Oder, wo sie sonst noch wend
Narren haben ein Karussell
Narren begeistern die Frauen schnell
Rühren bis der Glühwein glüht
Narren werden niemals müd
Narren werden niemals still
Obwohl die Frau was sagen will
Narren sind große Umzugsgestalter
Narren sind auch einsame Falter
Narren sind am Morgen noch treu
Narren sind dann furchtbar scheu
Narren bauen Weckerwagen
Die Musik muss man ertragen
Wann ist der Narr ein Narr?
Narren streun den Narrensamen
Wohin, das kann man oft nur ahnen
Kleiden sich gern akkurat
Nennen sich dann Narrenrat
Narren tragen Zipfelkappen
Narren haben große Klappen
Narren tragen Hermelin
Geben sich dem Riesling hin
Narren sind ja so verletzlich
Doch auf der Au so unersetzlich
Narren gehn nicht gerne heim
Narren weinen ganz allein
Sag, wann ist der Narr ein Narr?
Narren sind so ungeniert
Man hat Angst, dass was passiert
Diese Frage muss erlaubt sein
Wie muss denn ein Narr gebaut sein
Der sich gern das Hirn verrenkt
Weil er als Narr die Fasnacht lenkt?
Ist es das Amt? Ist es die Würde?
Ist es der Spaß? Ist alles Bürde?
Was ist ein Narr? – Das ist die Frag‘
Nicht nur heut am Martinstag

Note vom Fuß:
Frei nach Herbert Grönemeyer

Ein Lied der Liebe

Lieber Fasnachter,
die närrischen Tage, bei denen man sich ungezwungen auf dem Festgelände trifft, bieten sich an, längst vergessene Höflichkeiten wie auch besonders gefällige Komplimente auszutauschen. Ich weiß jetzt nicht, ob dir das Hohelied der Liebe geläufig ist. Vielleicht nicht in seiner ganzen Fülle und Schönheit.
Lass mich dir ein paar Sätze in Erinnerung rufen. In der Bibel sagt der Bräutigam im Hohelied der Liebe folgendes:
„Schön bist du, meine Freundin, wie Tirza. Prächtig wie Jerusalem, verwirrend wie Trugbilder. Wende deine Augen weg von mir, denn sie regen mich auf.“
Nun wissen wir nicht, wie schön Tirza war. Aber hier fürchtet der junge Mann ob dieser Schönheit, seine Fassung zu verlieren, wenn sie ihn noch lange so sinnlich anschaut. Wie er dies aber beschreibt, das hat Wohlklang und Kultur.
Im Orient hatten ja die Männer oft mehrere Frauen und Gespielinnen. Um diese bei Laune zu halten, mussten ihre Herren sich schon recht ohrgefällige Schmeicheleien einfallen lassen. So hören wir an anderer Stelle:
„Wie schön sind deine Schritte in den Sandalen, das Rund deiner Hüfte ist wie ein Kleinod von Künstlerhand gemacht.“
Ist das nicht köstlich? So etwas Betörendes hört man im Bereich des Glühweinstandes auf der Hergete eher selten. Und ich scheue mich nicht, es noch einmal zu wiederholen:
„Das Rund deiner Hüfte ist wie ein Kleinod.“ Herrlich!
Liebe Fasnachter,
wagen auch wir wieder mehr Lieder der Liebe zu singen. Die Frauen, unsere Frauen, alle Frauen werden begeistert sein. Die erotischen Stellen aus dem Hohelied möchte ich hier nicht beschreiben und auch nicht näher interpretieren. Nur so viel:
„Meine Taube in den felsigen Klüften, im Versteck der Steilwand: Lass mich dich anschauen, lass mich deine Stimme hören. Denn deine Stimme ist süß, und schön siehst du aus.“
Die anderen Verse müsst ihr schon selber nachlesen. Ihr werdet mir dann recht geben, die Fantasie erzeugt Bilder so schnell wie ein Kinderkarussell. Ich schreibe dies heute in der Hoffnung, dass sich bei einigen unter dem Einfluss von Glühwein oder einigen Eierlikörchen nicht nur die Zunge löst, sondern sich auch der Mut einstellen möge, eigene Komplimente und Schmeicheleien zu verfassen. Aber zum „Aufwärmen“ dürft ihr euch ruhig aus dem Hohelied bedienen. Das ist schon in Ordnung.
Da siehst du, dies sei nur ein Beispiel, eine alte Schulkameradin, die sich mit einer Grillwurst und einer Tasse Glühwein an einem der Stehtischchen aufhält. Das Rouge ihrer Wangen und die Farbe ihres Lippenstiftes haben auf anziehende Weise mit dem Senf und dem Fett der Wurst Freundschaft geschlossen, und der Glühwein, der von ihren vollen Lippen tropft, hat auf ihrem hellen Wintermantel noch farblich passende Akzente gesetzt. Nie wäre für dich jetzt die Gelegenheit günstiger, als auf charmante Weise aus dem biblischen Hohelied zu zitieren:
„Von deinen Lippen träufelt Honigseim, Honig und Milch sind unter deiner Zunge, und der Duft deiner Kleider ist wie der Duft des Libanon. Deine Zähne sind so weiß wie eine Herde Schafe, die aus der Schwemme steigen.“
Deine Schulkameradin wird bass erstaunt sein, wie du dich seit der 8. Klasse weitergebildet hast und wie kultiviert du dich heute ausdrücken kannst. Ja, lieber Fasnachter, du wirst überrascht sein, wie selbst einfache Komplimente ihre Wirkung nicht verfehlen. Sage einfach einmal: „Dreh dich um, dreh dich um, lass dich anschauen. Rundum bist du schön, meine Freundin, und kein Fehl ist an dir.“
Es muss ja nicht immer an die eigene Frau gerichtet sein.
Mit einem animalischen Ho Narro wünsche ich allen wie immer eine glückselige Fasnacht.

Wir gehen in den Zoo.

Es geschah, dass die Fasnachtsgewaltigen der Insel den Wunsch äußerten, ein jeder, der an der Fasnacht teilnehmen möchte, möge sich in ein Tier verwandeln. Der Begriff „Verwandeln“ solle aber nicht wörtlich genommen werden, die Veränderung möge selbstverständlich mit einer fasnächtlichen Kostümierung einhergehen. Das gelte aber nur an den Fasnachtstagen, alles andere wäre eine Narretei.
Nun also ein Zoo auf dem Festplatz der Narren. Das wird bestimmt eine fabelhafte Veranstaltung. Allerdings erfordert die Ausführung dieses Fasnachtsthemas Leute, die erfahren und sensibel genug sind, die Anmeldungen gewissenhaft zu prüfen.
Wie oft werden aus Unschuldslämmern schwarze Schafe, und nicht selten legt sich ein schräger Vogel ins gemachte Nest. Der Narrenverein bittet alle, die sich als Zootiere zur Schau stellen möchten, sich doch im Zaun zu halten und sich nicht in einem anstößigen, einem unverschämten oder gar saumäßigen Zustand zur Schau zu stellen. Andeutungen und Vergleiche mit Politikern, mit dem Klerus sowie anderen honorigen Bürgern der Insel sind zu unterlassen. Die Darstellung von fragwürdigen Tierarten, die einen Bezug zur Moral von Familienangehörigen des oder der Vermummten herleiten lassen, unterliegen der eigenen Verantwortung. Klagen können bis zum 12. März 2022 bei der Anwaltskanzlei Schlotz und Motz eingereicht werden.
Bei aller Sorgfalt befürchtet Präsident Weinheber, dass sich wie überall Dreckspatzen, Schmutzfinken, Neidhammel und Sauigel in das Zoogelände einschleichen könnten, und bittet die Besucher, auf diese unerwünschten Gattungen aufmerksam zu machen.

Mit einem animalischen Ho Narro für eine schöne Fasnacht!

Der Wurm im Ohr

Die Zeit ist wieder reif, in der junge Liedermacher sowie alte Hasen in diesem Gewerbe mit mehr oder weniger Sachverstand, aber allem nötigen Ernst sich bemühen, ein allseits beliebtes Fasnachtslied, wenn möglich einen sogenannten Ohrwurm, zu verfassen oder fertig zu stellen.
Die bekannte Psychologin Adele von Muggenstein-Mehrlingen gibt dazu Ratschläge und Anregungen, die zum Gelingen eines ohrgefälligen Fasnachtsliedes beitragen. In ihrem Buch „Wer dichtet so spät noch?“ wendet sie sich gleich im ersten Kapitel an verantwortungsbewusste Reimeschreiber: „Die Texte dürfen den Endverbraucher nicht zu lange mit einer verwirrenden Poesie in eine negative Nachdenklichkeit zwingen. Die Lieder müssen den Konsumenten mit einem lebensbejahenden Inhalt erreichen und ihn in eine positive Stimmung versetzen.“
So taucht Frau von Muggenstein-Mehrlingen im zweiten Kapitel auch gleich tief in die Welt des Schlagers ein, um anhand von verständlichen Beispielen aufzuzeigen, weshalb mancher Schlager allein durch seinen hoffnungsfreudigen Text zu einem allseits beliebten Ohrenschmeichler geworden ist. Adele von Muggenstein-Mehrlingen greift aus der Fülle von Schlagertexten ganz bewusst das Lied „Schöne Maid“ gesungen von Tony Marshall heraus und erläutert, weshalb dieser Text so bekannt ist und unter Fachleuten aus der Musikwelt bewundert wird. Schon im ersten Satz, meint Frau von Muggenstein, kann eine alles entscheidende Frage stehen, die uns in den Bann zieht.
Tony Marshall singt:
„Schöne Maid, hast du heut für mich Zeit?“
Hier ist von einem jungen, hübschen Mädchen die Rede, bei der höflich angefragt wird, ob sie Zeit hätte. Und da ist er, dieser erste Satz, der Spannung erzeugt. Das ist gekonnt gemacht. Wir wissen nicht, wie das Mädchen heißt. Wir wüssten gerne, wie alt es ist, und wo er es gesehen hat. Auch wissen wir noch nicht, von welcher Zeitspanne hier die Rede ist, die er mit dem Mädchen verbringen will. Und vor allen Dingen bleibt offen, wofür die schöne Maid Zeit haben soll. Das alles wird uns vorenthalten. Wir wissen nur, dass es heute stattfinden soll. Denn der Tony Marshall ist ein gewiefter Fuchs. Er lässt uns zappeln. Er weiß genau, wir wollen mehr wissen, wir bleiben dran und hören zu. Und darum singt er wie unbeabsichtigt:
„Hoja, hoja, ho.“
Macht er sich lustig? Nimmt er das Treffen doch nicht so ernst? Da tun wir ihm sicher unrecht, es scheint ihm doch ernst zu sein.
„Sag bitte ja, dann bin ich nur für dich da.“
Ja, es ist wie ein Flehen. Es ist ihm so wichtig. Hat er sich nicht gerade heute für sie Zeit genommen, wo er eigentlich so viel um die Ohren hat?
„Oh bitte, hoja, hoja, ho.“
Das klingt bedeutungsvoll, fast schon wie ein Hilferuf.
„Schöne Maid, glaub mir so jung wie heut.“
Was soll sie glauben? Dass sie so schnell verblüht?
„Hoja, hoja, ho.“
Bitte, Tony, komm jetzt zur Sache.
„Kommen wir nicht mehr zusammen. Vielleicht ist es schon morgen viel zu spät.“
Das kennen wir auch aus Märchen und Sagen, wenn für zwei Liebende die Zeit abläuft. Ist auch für den Tony die Zeit abgelaufen? Wir hoffen so sehr, dass das Mädchen seine Bitte erhört. Aber dann sind wir erlöst.
“Wir singen tra-la-la und tanzen hopsasa. Wir wollen fröhlich sein und uns des Lebens freun.“
Da dachten wir schon an das Schlimmste, stellten uns womöglich Fatales vor, das dem Mädchen widerfahren könnte. Aber er will nur trallala und hopsasa.
„Wer weiß, wie lange das noch geht. Wer weiß wie lang die Welt sich dreht.“
Warum nur jetzt diese Fragen? Ein junges Mädchen möchte natürlich, dass die Welt sich noch lange dreht.
Dann wiederholt er noch einmal eindringlich seine Bitte an die Maid, Zeit zu haben und ja zu sagen, weil es morgen nicht zu spät, sondern viel zu spät sein könnte.
„Kommen wir nicht mehr zusammen vielleicht.“
Und dann möchte er sie anscheinend aufmuntern, denn er singt annähernd 50-mal:
„La, la, la.“
Dieses La, la, la ist ein durchgängiger Kunstgriff, vornehmlich aus der Schlagerdichtkunst, das die oft unerträgliche Anspannung mildern soll. Der Tony Marshall weiß doch, wie man einem Mädchen die Angst nimmt. Er erklärt ihr, dass die Welt schön sei und dass dies auch jeder sehen müsse.
„Und sind auch Sorgen da, die hat ein jeder ja.“
Sicher hat die auch ein junges Mädchen, meint der Tony. Trotzdem könne man durchaus zufrieden sein, denn da gäbe es ja noch Bier und Schnaps und Wein. In der Vorfreude auf die Verkostung dieser Getränke fasst er noch einmal alles zusammen:
„Schöne Maid, hast du heut für mich Zeit?
Hoja, hoja, ho.
Sag bitte ja, dann bin ich nur für dich da.
Oh bitte, hoja, hoja, ho.
Schöne Maid, glaub mir so jung wie heut.

Hoja, hoja, ho.
Kommen wir nicht mehr zusammen, vielleicht ist es schon morgen viel zu spät.“
Adele von Muggenstein-Mehrlingen meint, diesem Text ist nichts mehr hinzuzufügen. Die „Schöne Maid“ zeigt angehenden Liedermachern, wie mit einfachen, kurzen Sätzen eine Begegnung zweier Menschen aufgezeigt werden kann. Tony Marshall ist eben ein Meister, wenn es darum geht, uns dieses Mysterium einer neu aufkeimenden Liebe vor Augen zu führen. Dabei scheut er sich nicht, die Sorgen des Lebens und auch eventuelle Probleme anzusprechen, die übermäßigen Genuss von Alkohol hervorrufen.
So ist die „Schöne Maid“ eben Poesie in ihrer schönsten Form und trotz einiger Ungereimtheiten schon lange ein Ohrwurm erster Güte.

Lallingers Humor

Das Telefon klingelt.
„Hier bei Lallinger.“
„Ja, Muddler am Apparat, Damian Muddler. Herr Lallinger, ich rufe an wegen Ihres Vorrats an Humor.“
„Wegen welchem Vorrat?“
„Wie ich vernommen habe, werden dieses Jahr bei Ihnen keine Fasnachtsveranstaltungen stattfinden.“
„Ja, und? “
„Da müssen Sie doch jetzt ein Übermaß an Humor haben.“
„Ich weiß immer noch nicht, weshalb Sie anrufen.“
„Also die Sache ist die, ich wäre interessiert.“
„An was?“
„An Ihrem Humor. Ich würde Ihnen gerne etwas von diesem Humor abnehmen.“
„Das ist jetzt aber nicht Ihr Ernst. Ich kann Ihnen doch nicht meinen Humor abtreten.“
„Ich meine auch nicht den gesamten, vielleicht nur ein paar Späßchen. Es ist doch so, dass man im Nachhinein manches gar nicht mehr komisch findet.“
„Und wenn dann die Fasnacht doch stattfindet?“
„Das ist unwahrscheinlich. Schauen Sie, Herr Lallinger, auch der Humor hat ein Verfallsdatum. Das wissen Sie doch so gut wie ich. Schon nächstes Jahr können Ihre Pointen Vergangenheit sein.“
„Das, was Sie sagen, leuchtet mir ein. Aber ich möchte doch noch mal meine Frau Luise fragen, was sie dazu meint.“
Später klingelt das Telefon wieder. Lallinger nimmt ab.
„Hier bei Lallinger.“
„Muddler nochmal. Haben Sie inzwischen mit Ihrer Frau gesprochen?“
„Ja, das habe ich. Also, meine Luise meint, wir hätten nichts zu verschenken. Wenn die Fasnacht wieder nicht stattfindet, werden wir eine gehörige Menge an Humor für uns brauchen. Noch nötiger als im letzten Jahr.“

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